Freitag, 26. September 2008

Siegen schrumpft... Lebewohl Titel "Großstadt"

Die Einwohnerzahl von Siegen sinkt stetig. Jetzt, wo es darum geht den Status "Großstadt" (100.000 Einwohner) zu verlieren, versuchen die Stadtverantwortlichen diesen Trend zu hinterfragen. Was vermissen die Menschen in Siegen? Warum verlassen immer mehr Menschen die Stadt? Mit Hilfe einer großangelegten Umfrageaktion versucht man Licht ins Dunkle zu bringen.













Es genügt scheinbar nicht einen Einkaufstempel nach dem anderen in Siegen zu installieren. Es genügt scheinbar auch nicht die Stadt mit einer 4 spurigen innerstädtischen und zwischen 50m und 100m daneben verlaufenden 4 spurigen Entlastungsstraße zu versorgen, um damit in dem motorisierten Verkehr einen großflächigen Asphaltteppich zu präsentieren. Keine Frage, eine Stadt in dieser Größenordnung muss eine entsprechenden Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung stellen. Innerstädtisch pulsiert Siegen zur Zeit aber eben nur auf diesen Verkehrsachsen. Den ruhenden Verkehr, die Orte zum Ausspannen hat man bei der Planung komplett vergessen. In der Mitte Siegens umrahmt von 2 Parkhäusern hat man vor Jahrzehnten ein Betonmonster errichtet, um dem Autofahrer Parkfläche zu bieten. Auf diesen fast 200m sieht die Sieg kaum das Tageslicht. Weil sie dort im Weg war, hat man sie kurzerhand zugebaut. Bis heute wird darüber diskutiert, ob man diese Parkfläche kostenaufwendig sanieren soll, oder ob es eine Alternative zu dieser Nutzung des Flusses mitten in Siegen gibt. Andere Städte haben diese Frage schon längst beantwortet, bzw. haben sich bereits vor Jahrzehnten nicht genau in diese Situation gebracht. Was ist den Planern von damals bloß durch den Kopf gegangen? Wo waren die Menschen, die diesen Betonmoloch hätten verhindern können?

Ein Wort zum Zustand der heutigen Sieg - Quelle Radio Siegen 26.092008: "Die Bezirksregierung Arnsberg hat bei diesen Untersuchungen auch feststellt, dass die Sieg nicht mehr zu den sogenannten „natürlichen“ Gewässern gezählt werden kann. Die Stadt habe jetzt bis 2015 Zeit, die Wasserqualität zu verbessern, hieß es gestern Abend im Umweltausschuss des Siegener Rates." Ein Trauerspiel.....


















Siegen schrumpft. Vielleicht muss eine Stadt neben Straßen, Parkplatzfläche und Einkaufsmöglichkeiten einfach mehr bieten. Für das Leben in einer Stadt müssen auch Zonen geschaffen werden, die dem Auge etwas Grünes und den Ohren etwas Ruhe schenken. Wenn man im Sommer in Siegen an der frischen Luft einen Cafe oder ein Bier trinken will, so ist dies fast ausschließlich an stark befahrenen Straßen möglich, wo man fast sein eigenes Wort nicht versteht. Orte wie die Poststraße, wo es abgesehen von dem halbstündig erscheinenden dieselmief verbreitenden "Hübbelbummler" ziemlich ruhig ist, wo auch Kinder relativ gefahrlos spielen können, sind in Siegen leider die absolute Ausnahme. Was passiert auf den Rathausplätzen in anderen Städten? Diese Plätze sind umrahmt von Cafes und Restaurants. Dort ist auch meist verkehrsberuhigt. Genau dort pulsiert das Leben. In Siegen leider nicht.

Das Flair, die Atmosphäre einer Großstadt ist in Siegen nur an wenigen Orten zu spüren. Die negativen Aspekte kommen dagegen wesentlich deutlicher zum Vorschein. Der Langsamverkehr hat in Siegen noch nie eine sehr hohe Priorität erfahren. Wenn man an der schönste Ecke Siegens - der Reichwalds Ecke - als Fußgänger die Straßeseite wechseln möchte, muss man sich dieses Recht "erdrücken". Der fließende Verkehr hätte durch eine entsprechende regelmäßige Grünphase für die Fußgänger absolut keine Nachteile. Aber dadurch würde das Bewusstsein für mögliche Fußgänger geschärft. Nein, man hat das Gefühl, dass der Langsamverkehr in Siegen stört und absolut nicht erwünscht wird.
Wenn man an Kochs-Ecke versucht, innerhalb einer Grünphase die vierspurige Straße zu überqueren, so wird man selbst bei normaler Schrittgeschwindigkeit ab der Hälfte der Strecke zum Verkehrssünder. Die Grünphase ist so kurz, dass ältere Menschen 2 Grünphasen benötigen, um die Straße gefahrlos zu überqueren. Hauptsache der Verkehr rollt...

Für den motorisierten Verkehr hat man seine Hausaufgaben sehr gewissenhaft erledigt, aber zum Leben und Wohlfühlen in einer Stadt gehört ein wenig mehr als die Unterstützung der wirtschaftlichen Aspekte. Der Schrumpfungsprozess kann auch nicht mit einer hohen Arbeitslosenquote begründet werden.
Siegen fehlt es schlicht und ergreifend an dem Flair einer Großstadt. Genau deshalb wird es in ein paar Jahren genau diesen unverdienten Titel abgeben müssen. Es sei denn den Stadtväter gelingt es, Siegen mit diesen fehlenden Attributen zu versehen. Auch die Bedürfnisse nach Ruhe und Entspannung müssen mitten in einer Stadt erfüllt werden. Die Spassgeneration ist umgeben von Familien mit Kinder und älteren Menschen, die genau diese Aspekte neben der puren Einkaufsmöglichkeit in einer Stadt schätzen und auch benötigen. Wenn man aber das Gefühl hat ausgegrenzt zu werden, sucht man sich Orte wo dies nicht der Fall ist.

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