Freitag, 21. Juni 2013

Die "5 Abweichler" der CDU verhindern einen Stoppversuch der eigenen Partei

Quelle: Siegener Zeitung  

Vielen Dank an die "5 Abweichler" der CDU, die den von Herrn Christian Doppler  (CDU) eingebrachten Stoppversuch "Fahrradfahrer raus aus der Bahnhoftstraße" haben abblitzen lassen. Die "5" waren bei der entsprechenden Abstimmung einfach nicht anwesend. 
Demokratie mal ganz anders.

Siegens Einwohnerzahl rutscht unter die magische Grenze von 100.000. Der "Zensus" hat ins Schwarze getroffen. Die Verantwortlichen rotieren um die Wette. Es gibt nicht die ganz große Lösung, dies im positiven Sinne wieder zu verändern. Viele kleine Dinge weisen einer Stadt jedoch das Attribut "lebenswert" aus. Dieses Attribut wird von den Menschen bei der Standortsuche bewusst gesucht und fließt mit in die Entscheidung ein, Siegen als Arbeits-, Wohn- und Lebensort auszuwählen. Wen möchte man für Siegen gewinnen? Jungen Menschen, auch den jetzigen Studenten in Siegen, sollte man eine weltoffene, lebenswerte Stadt präsentieren. Dazu zählt unter anderem der Umgang mit Kinder, Fußgänger und Radfahrer. Eine verknöcherte Diskussionen über eine mögliche Nutzungsaufteilung und die permanenten Verbote für den Langsamverkehr machen eine Stadt nicht unbedingt attraktiver. Ein Radverkehrsanteil von 3% spricht Bände. Als jahrelanger Radfahrer kommen mir selbst diese 3% noch zu hoch gegriffen vor. Siegen ist nicht in der Zukunft angekommen und wehrt sich  weiterhin mit allen Mitteln dagegen. Die Zukunft von Siegen ist keine feinstaubbelastete Innenstadt mit einer daraus resultierenden Notwendigkeit eine Umweltzone einzurichten. Die Zukunft wird auch nicht durch eine fahrradfahrerunfreundliche Politik gestaltet. Das lebenswerte "Mehrgenerationshaus" beginnt auf der Straße, mit dem verständnisvollen Miteinander von Alt und Jung. Eine nur auf die Bedürfnisse einer Graukopfgesellschaft (ich gehöre in den Augen der heutigen Jugend auch schon dazu) gerichtete Politik vergrätzt die Jugend, vergrätzt die Zukunft, die auch Siegen so bitter nötig hat.

In fast allen Großstädten funktioniert das Miteinander von Fußgänger und Radfahrer in Einkaufszonen reibungslos. Selbst Touristenhochburgen mit einem ebenso großen eigenen Fußgängeranteil wie z.B. Berlin, Dresden, Füssen oder Garmisch lassen dieses Miteinander bewusst zu. Es funktioniert. Siegen dagegen mausert sich immer mehr zu der feindlichsten Stadt Deutschlands (der Titel Großstadt ist ja wohl weg) in Bezug auf Fahrradverkehr. Die Note „mangelhaft+“ beim letztjährigen Fahrradklimatest unterstreicht dies recht eindeutig. Altbackene Parteimitglieder und die Wünsche des Seniorenrates blockieren in Siegen z.B. seit 20 Jahren dieses Miteinander des Langsamverkehr in der Bahnhofstraße. Den Vorschlag diese Passage bis 8:00 Uhr morgens und dann wieder ab 21:00 abends für den Radverkehr zu öffnen, zeigt die realitätsfremde Wahrnehmung dieser egoistischen Verhinderungstruppe. Will man in Siegen bessere Luft und eine ruhigere Innenstadt, dann muss man auch Schülern, Studenten und Berufstätigen die Möglichkeit bieten das Fahrrad zu nutzen. Mit dem Innenstadtcampus will man die Siegener Innenstadt beleben, aber bitte nach "unseren" Regeln. Siegen ist und bleibt in Bezug auf das umweltfreundlichste und gesündeste Fortbewegungsmittel kleinkariert und rückständig. Siegen verliert an Einwohnerzahlen. Es geht nicht darum die eine Bevölkerungsgruppe gegen die andere aufzumischen, aber wenn Siegen es nicht schafft neben dem Auto auch den gesamten Langsamverkehr attraktiv zu gestalten, dann wird unsere Stadt auch nicht zu einem Anziehungsmagnet für junge Menschen und Familien werden. Was wollen Senioren in einer vergreisten Stadt ohne Jugend. Dort wo junge Menschen fehlen, gehen einer Stadt perspektivisch die Zukunftsmodelle für immer verloren. 

Die Mischung macht‘s. Denn dann muss jeder auf den anderen Rücksicht nehmen. Der einjährige Feldversuch "Fahrrad frei" in der Bahnhofstraße hat gezeigt, dass es funktioniert. Wie borniert muss man dann sein, dies zu ignorieren und scheinbar "lobbygesteuert" durch die "Ältesten der Stadt"  (Seniorenrat) dies mit einem eingebrachten Stoppversuch wieder zunichte zu machen. 
Wenn es der stockkonservativen CDU in Siegen nicht gelingt den Blick nach vorne zu richten, wird es auch nicht gelingen, die kleinen und großen Wünsche aller Bevölkerungsgruppen miteinander zu verbinden.
Herr Christian Doppler und Frau Dorothea Schleifenbaum stehen stellvertretend für diese langjährige Blockadehaltung, mit der man in Siegen alles in einer engstirnigen Betrachtung nicht vorstellbare mit allergrößter Sturheit verhindert, selbst wenn ein Feldversuch genau das Gegenteil behauptet.
Wenn es hart auf hart kommt, dann werden wieder die in ihrer Mobilität eingeschränkten bzw. auf Gehhilfen angewiesenen älteren Menschen angeführt, um den zarten Grashalm einer positiven Veränderung in Siegen mit aller Gewalt zu zertreten.
Ist Siegen wirklich auf dem Weg zu neuen Ufern oder setzt man dem rückwärtsgerichteten Denken nur eine neue Mütze auf. Ich will keine Gruppe gegen eine andere aufhetzen, aber eine Gesellschaft funktioniert nur durch das Miteinander und die gelebte Rücksicht aufeinander.

Siegen – Eine Provinzstadt, der in vielen Belangen das „Groß“ fehlt.

Zum Schluss noch eine Dankeschön an Frau Anke Schreiber (Leiterin der Abteilung Straße und Verkehr), die das positive Ergebnis des Feldversuches, trotz massiver Gegenwehr des "Ältestenrates" verteidigt hat. Siegen hat es wohl neben den mutigen Abweichlern der kompletten Opposition zu verdanken, dass die Abstimmung "für" uns Radfahrer ausgefallen ist. DANKE !!!
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SZ-Artikel vom  21.06.2013 

"Bahnhofstraße nicht nur Fußgängerzone / CDU-Stoppversuch

mir Siegen. Dass sich am Radfahren eine Debatte auch im Rat Siegen ergeben könnte, das konnte niemand ahnen. Beim Thema „Straßenwidmungen im Projektgebiet Siegen – Zu neuen Ufern“ hakte die CDU ein, Christian Doppler beantragte: „Radfahrer frei bitte streichen.“
20 Jahre diskutiert Siegen bereits, ob Radfahrer in der Fußgängerzone Bahnhofstraße fahren dürfen oder besser nicht. Jetzt soll es gestattet werden, ein einjähriger Versuch hat funktioniert. Aber Doppler blieb bei seiner argumentativen Linie: „Radfahrern ist es zuzumuten, die kurze Strecke zu schieben. Auch der Seniorenbeirat sieht das so.“
Da war selbst Angelika Flohren (SPD) fast sprachlos: „Ich glaub’ es nicht. Der Radfahrversuch ist doch gut gelaufen.“ Dem Seniorenbeirat empfahl sie, sich in Münster zu informieren, da funktioniere das seit vielen Jahren. Dorothea Schleifenbaum (CDU) bezweifelte das, sie hatte in Münster von Konflikten zwischen Radlern und Fußgängern gehört.
Vollkommen unspektakulär gehe das zwischen Radfahrern und Fußgängern in der Bahnhofstraße, befand Angela Jung (Grüne): „Das ist kein Schritt in die Zukunft.“ Maria Opterbeck (CDU) beeindruckte das überhaupt nicht. Das Rad zu schieben, sei kein Zeitverlust. Man sollte vernünftig sein, auch wegen der Kinder. Sie fand es unmöglich, Radfahren in einer Fußgängerzone zu erlauben.
Der CDU-Antrag fand keine Mehrheit, die übrigen Fraktionen lehnten das Ansinnen mit breiter Mehrheit ab. Kaum war das Ergebnis verkündet, kehrten fünf CDU-Mitglieder geschlossen in den Saal zurück, ohne an der Abstimmung teilgenommen zu haben. Über Lautsprecher hatten sie die Debatte draußen verfolgen können.
Ein Zufall? Wohl kaum. Gar manchem Ratsmitglied blieb das erstaunte Grinsen im Gesicht stehen."

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